Newsletter 2023/5 – Hinweisgeberschutzgesetz vertagt – Handlungsbedarf bleibt

Mit der Richtlinie (EU) 2019/1937 vom 23.10.2019 wurden die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis zum 17.12.2021 nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um einen Hinweisgeberschutz in Unternehmen mit mindestens 250 Arbeitnehmern sicherzustellen. Für eine entsprechende Regelung in Unternehmen mit 50 bis 249 Arbeitnehmern haben die nationalen Gesetzgeber gemäß der Richtlinie bis zum 17.12.2023 Zeit.

Dem Hinweisgeberschutzgesetz, welches bereits den Bundestag erfolgreich passiert hatte, hat der Bundesrat am 10.02.2023 die Zustimmung verweigert. Vor diesem Hintergrund ist nicht damit zu rechnen, dass das Hinweisgeberschutzgesetz noch im zweiten Quartal 2023 in Kraft treten wird. Dennoch ist davon auszugehen, dass das Gesetzgebungsverfahren zügig vorangetrieben werden wird, da die EU-Kommission bereits Anfang 2022 ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Nichtumsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 eingeleitet hat.

Der aktuelle Entwurf des deutschen Hinweisgeberschutzgesetzes geht über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinaus. Während sich die Richtlinie z. B. nur zu Hinweisen auf Verstöße gegen das Unionsrecht verhält, soll das Hinweisgeberschutzgesetz auch Hinweise auf Verstöße gegen sämtliche Strafvorschriften und bestimmte bußgeldbewerte Verstöße (z. B. aus den Bereichen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, Verstöße gegen das Mindestlohngesetz, Aufklärungs- und Auskunftspflichten gegenüber Organen der Betriebsverfassung wie Betriebsräten etc.) betreffen. Ganz konkret nennt der Gesetzentwurf der Bundesregierung als möglichen Inhalt von Hinweisen Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, zur ökologischen Produktion und zur Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen, zum Schutz geografischer Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel einschließlich Wein, aromatisierter Weinerzeugnisse und Spirituosen sowie garantiert traditioneller Spezialitäten, zum Inverkehrbringen und Verwenden von Pflanzenschutzmitteln sowie zur Tiergesundheit und zum Tierschutz, soweit sie den Schutz von landwirtschaftlichen Nutztieren, den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung, die Haltung von Wildtieren in Zoos, den Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere sowie den Transport von Tieren und die damit zusammenhängenden Vorgänge betreffen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. k) RegE HinSchG).

Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten werden voraussichtlich innerhalb von drei Monaten nach Verkündung des Hinweisgeberschutzgesetzes interne Meldekanäle eingerichtet haben müssen. Für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten gilt die Einrichtungspflicht bis spätestens zum 17.12.2023.

Aus dem Hinweisgeberschutzgesetz werden (auch unter Berücksichtigung der Richtlinie) folgende Pflichten folgen:

  • – Einrichtung von internen Meldekanälen
  • – Schutz der Vertraulichkeit
  • – Eingangsbestätigung an Hinweisgeber binnen 7 Tagen
  • – Benennung eines zuständigen Mitarbeiters/einer zuständigen Mitarbeiterin
  • – geeignete Folgemaßnahmen in Bezug auf den Hinweis
  • – Rückmeldung an den Hinweisgeber binnen maximal drei Monaten
  • – Dokumentation der Meldungen und Datenaufbewahrung gemäß Datenschutzverordnung

Zusätzlich werden die Mitgliedsstaaten eine zuständige Behörde benennen, bei der Hinweisgeber Meldungen erstatten können. Nach dem aktuellen Gesetzentwurf soll hierfür u. a. eine externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz eingerichtet werden.

Die Sanktionierung von Verstößen sieht die Richtlinie nur in Ansätzen vor und lässt dem nationalen Gesetzgeber viel Gestaltungsspielraum; der deutsche Gesetzesentwurf etabliert insoweit Bußgelder in Höhe von bis zu 100.000,00 € je nach Schwere des Verstoßes. Die Nichteinrichtung einer internen Meldestelle soll eine Geldbuße in Höhe von bis zu 20.000,00 € zur Folge haben.

Auch wenn das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz noch nicht verabschiedet ist und kein konkretes Datum für das Inkrafttreten genannt werden kann, sollte die Zeit für Vorbereitungen genutzt werden. Neben der Frage, über welche Kanäle die Hinweise entgegengenommen werden können, stellen sich die Fragen nach der internen Zuständigkeit, der konkreten Bearbeitung des Hinweises, der notwendigen Qualifikation der Bearbeiter der Hinweise, einer eventuellen Beauftragung eines externen Dienstleisters, der Sicherstellung der Vorgaben des Datenschutzes, der Einbindung von Arbeitnehmervertretungen etc.

Der Regierungsentwurf ist hier abrufbar: Link.

 

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Newsletter vom:

07.03.2023

 

Redaktion:

Dr. Katrin Eckhoff

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