Newsletter 2022/3 –
Neues aus Brüssel zu Ethylenoxid und 2-Chlorethanol

Die lebensmittelrechtliche Bewertung von Nachweisen der Stoffe Ethylenoxid und 2-Chlorethanol in Lebensmitteln und der hiermit in Zusammenhang stehende Umgang mit den betroffenen Produkte bereitet Unternehmen und Behörden nunmehr seit mindestens eineinhalb Jahren erhebliche Probleme. Dabei hat sich gezeigt, dass der „klassische“ Weg der toxikologischen Bewertung des Einzelfalls auf der Grundlage von konkret zu ermittelnden Aufnahmemengen/Verzehrmustern zwischenzeitlich verlassen wurde.

Nunmehr wurde das Protokoll der Sitzung des technischen Austauschs von EU-Kommission und Mitgliedstaaten („Technical Meeting on Ethylene Oxide“) am 20. Januar 2022 zum Umgang mit Befunden von Ethylenoxid (ETO)/2-Chlorethanol (2CE) veröffentlicht. Es handelt sich um ein Follow Up-Dokument zu früheren Sitzungen und fasst den Ansatz der Europäischen Union beim Umgang mit Befunden von ETO/2-CE in Lebensmitteln und Futtermitteln zusammen:

 

Mitgliedstaaten:

  • Die Mitgliedstaaten teilen mit, mit Blick auf betroffene Zutaten stets dann eine Rücknahme/einen Rückruf vorzusehen, wenn die Rückstände an ETO über den zulässigen Höchstmengen (Maximum Residue Levels – MRL) liegen.
  • Für zusammengesetzte/verarbeitete Lebensmittelerzeugnisse bestätigten viele Staaten, dass in der Vergangenheit Produkte im Falle einer belasteten Zutat unabhängig von der Höhe des ETO-Gehaltes zurückgenommen oder zurückgerufen wurden. Einige Länder geben an, einen Risikobewertungsansatz auf der Grundlage der Stellungnahmen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und/oder eines berechneten/zusammengesetzten ETO-MRL (je nach Anteil der Inhaltsstoffe im zusammengesetzten Produkt) zu wählen.

 

EFSA:

  • Die EFSA teilte ihre vorläufige Einschätzung mit, wonach eine Genotoxizität und Karzinogenität von 2CE nicht ausgeschlossen und daher keine sicheren Mengen abgeleitet werden können.
  • Darüber hinaus stimmte die EFSA der Annahme des BfR zu, dass das genotoxische und karzinogene Potential von 2CE (als Metabolit von ETO) dasjenige von ETO wahrscheinlich nicht übersteigt.
  • Einen Margin of Exposure (MOE) lehnt die EFSA ab. Dieser sei für genotoxische und karzinogene Stoffe ohne Schwellenwertdosen nicht anwendbar, wenn diese nicht auf unvermeidbaren Stoffen, sondern auf einer bewussten Verwendung und Kreuzkontaminationen wie bei ETO beruhen würden.
  • Die EFSA wird ihre endgültige Stellungnahme noch im Februar abgeben.

 

Kommission/Working Group zu Lebensmittelzusatzstoffen:

  • Mit einer Änderung der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 (mit Spezifikationen zu Lebensmittelzusatzstoffen) zur Festlegung von Reinheitskriterien soll als Bestimmungsgrenze (Limit of Quantification – LOQ) 0,1 mg/kg eingeführt werden.
  • Auch in die Verordnung (EG) 1793/2019 über die vorübergehende Verstärkung der amtlichen Kontrollen für Lebensmittel nicht tierischen Ursprungs soll die Bestimmungsgrenze von 0,1 mg/kg für ETO (Summe aus ETO und 2CE, ausgedrückt als ETO) in Lebensmittelzusatzstoffen aufgenommen werden.
  • Für Lebensmittel und Futtermittel, die in Anh. II der Verordnung (EG) 1793/2019 genannt sind und die aus den dort genannten Ländern stammen, gelten besondere Bedingungen bei der Einfuhr (z. B. für Sesamsamen aus Indien). Für jede Sendung bedarf es einer amtlichen Bestätigung nebst Analysenberichten, mit der die Einhaltung der Pestizidhöchstgehalte für ETO (Summe aus ETO und 2CE, ausgedrückt als ETO) bestätigt wird. Seit dem 06.01.2022 gelten neue Pflanzen-/Länderkombinationen in Anh. II der Verordnung. Die Mitgliedstaaten haben sich darauf geeinigt, von der amtlichen Bescheinigung für neu gelisteten Produkte, die vor dem 17.12.2021 verschifft wurden, bis zum 17.02.2022 unter der Bedingung abzusehen, dass an den Grenzkontrollstellen 100 % Probenahmen und Laboranalysen durchgeführt werden.

 

Futtermittel:

  • Für ETO in Futtermitteln sollen verschiedene Rückstandshöchstgehalte abhängig von der Art des jeweiligen Futtermittels angewendet werden. Dabei wurde berücksichtigt, dass ETO bei der Herstellung von Chlorinchlorid als Ausgangsstoff verwendet wird.

 

Messunsicherheit:

  • Bei der rechtlichen Beurteilung von Pestizidrückständen sollen die Behörden, die Messunsicherheit abziehen. Dabei wurde auf die bisherige Diskussion Bezug genommen, wonach eine Messunsicherheit von 50 % angewendet wird.
  • Da es für die Eigenkontrollen der Lebensmittelunternehmen keine Vorgaben zur Messunsicherheit gibt, haben die Mitgliedstaaten/nationalen Überwachungsbehörden die Entscheidung über Eigenkontrollen zu treffen. 

Das vollständige Protokoll ist abrufbar: hier klicken.

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Newsletter vom:

08.02.2022

 

Redaktion:

Dr. Christine Konnertz-Häußler, LL.M.

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