Newsletter 2025/3 –

EuGH zu wiederholenden Nährwertangaben für FSMP­­­­­­­­

 

Der Europäische Gerichtshof hat am 09.10.2025 in einem Vorabentscheidungsverfahren in der Rs. C-315/24 zu Angaben zum Brennwert und zur Menge verschiedener Nährstoffe (wie Fett, Eiweiß und Ballaststoffen) auf der Verpackungsvorderseite von Produkten der Nestlé Sverige AB (im Folgenden: Nestlé) entschieden. Die Angaben bezogen sich auf eine Portion bzw. Verzehreinheit. Bei den in Rede stehenden Produkten handelte es sich um Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (engl. Food for special medical purposes – FSMP).

1. Hintergründe

Die Behörde hatte gegenüber Nestlé die Streichung der Angaben angeordnet und begründete dies mit einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Del. VO 2016/128 (FSMP-VO). Diese Vorschrift verbietet für FSMP abweichend von Art. 30 Abs. 3 der VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) eine Wiederholung von Angaben, die in der verpflichtenden Nährwertdeklaration enthalten sind. Während also für andere Lebensmittel in der Regel eine Wiederholung bestimmter Nährwerte auf der Verpackungsvorderseite gem. Art. 30 Abs. 3 LMIV erlaubt ist, verbieten dies die Spezialvorschriften für FSMP.

Nestlé argumentierte, die Angaben seien keine unzulässige Wiederholung von Nährwertangaben, sondern es handele sich um zulässige Pflichtinformationen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. g) der FSMP-VO. Nach dieser Regelung ist es für FSMP verpflichtend, eine Beschreibung der Eigenschaften und/oder Merkmale zu deklarieren, denen das Erzeugnis seine Zweckdienlichkeit in Bezug auf die Krankheit, die Störung oder die Beschwerden verdankt, für deren Diätmanagement es vorgesehen ist. Gegebenenfalls hat dies – hinsichtlich der besonderen Verarbeitung und Formulierung – Angaben zu Nährstoffen, die vermehrt, vermindert, eliminiert oder auf andere Weise verändert wurden, zu umfassen.

2. Antwort des EuGH

Der EuGH hatte nun zu beantworten, ob die Angaben als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 FSMP-VO unzulässig oder als Pflichtangabe im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. g) FSMP-VO zulässig seien. Er entschied mit seinem Urteil vom 09.10.2025, dass es sich bei den Angaben um für FSMP unzulässige wiederholende Angaben im Sinne des Art. 6 Abs. 2 FSMP-VO handelt, und begründete dies damit, die Angaben fielen ihrer Art nach und ohne dass es auf die Form ankomme, in der sie ausgedrückt werden, unter die verpflichtende Nährwertdeklaration nach Art. 30 Abs. 1 LMIV.

 

3. Rückschlüsse auf Protein-Claims

Ob sich aus der EuGH-Entscheidung Schlüsse auf eine Unzulässigkeit von Proteinauslobungen auf der Frontseite für Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs ziehen lassen, ist fraglich. Über solche Angaben hat aktuell der BGH in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen die Molkerei Müller zu urteilen (Az.: I ZR 2/25). Die Vorinstanz, das OLG München, hatte mit Urteil vom 19.12.2024 (Az.: 6 U 3363/23) entschieden, dass die Angabe „14 g Protein pro Becher“ für einen Milchreis ein Verstoß gegen Art. 30 Abs. 1 i. V. m. Art. 34 Abs. 1 LMIV und somit gegen die Regelungen zu wiederholenden Nährwertangaben auf der Verpackungsvorderseite sei.

Ähnliche Angaben – nämlich die Angaben „20 g Protein“ bzw. „40 g Protein“ bezogen auf den Becher – hatten bereits das OLG Hamburg mit Beschluss vom 30.07.2024 (Az.: 3 U 82/23) und das OLG Stuttgart mit Urteil vom 30.01.2025 (Az.: 2 U 145/23) als Verstoß gegen Art. 30 Abs. 3 LMIV und als unzulässige nährwertbezogene Angabe im Sinne der VO (EG) Nr. 1924/2006 (HCVO) bewertet.

Anders als für FSMP könnte es sich bei der Angabe für einen Milchreis, über die der BGH zu entscheiden hat, um eine zulässige Konkretisierung der nährwertbezogenen Angabe „hoher Proteingehalt“ im Sinne der HCVO handeln. Die Angabe hoher Proteingehalt ist zulässig, wenn auf den Proteinanteil mindestens 20 % des gesamten Brennwerts des Lebensmittels fallen. Für FSMP hat der EuGH in seinem Urteil vom 09.10.2025 klargestellt, dass eine Zulässigkeit der wiederholenden Nährwertangaben als nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben nicht in Betracht kommt, da nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben für FSMP gem. Art. 7 FSMP-VO verboten sind.

Die Entscheidung des EuGH ist abrufbar unter: hier klicken.

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Newsletter vom:

15.10.2025

 

Redaktion:

Dr. Christine Konnertz-Häußler, LL.M., Rechtsanwältin

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