Newsletter 2022/8 – Aktuelles zum Nutri-Score

1.  Berichte des Wissenschaftlichen Gremiums und des Lenkungsausschusses

Anfang 2021 haben sieben Staaten innerhalb Europas, die sich am Nutri-Score beteiligen oder hieran interessiert sind (konkret: Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz und Spanien), einen länderübergreifenden Koordinierungsmechanismus eingerichtet. So sollen ein Lenkungsausschuss und ein unabhängiges Wissenschaftliches Gremium die Zusammenarbeit für eine europaweit einheitliche Gestaltung der Verwendung des Nutri-Scores erleichtern. Detailliertere Informationen hierzu können Sie dem Jahresbericht des Lenkungsausschusses entnehmen: hier klicken!

Der Jahresbericht des Wissenschaftlichen Gremiums ist über den folgenden Link abrufbar: hier klicken! Hierin kommt das Wissenschaftliche Gremium zu dem Schluss, dass der Nutri-Score insgesamt gut funktioniert und die aktuelle Version des Algorithmus bereits nützliche Vergleiche des Nährwerts von Lebensmitteln ermöglicht.

Dennoch sieht das Wissenschaftliche Gremium in seinem Bericht auch Verbesserungsmöglichkeiten im Hinblick auf den Algorithmus. Diese betreffen insbesondere die folgenden Lebensmittelgruppen und/oder Nahrungsmittelbestandteile: (pflanzliche) Fette und Öle, Fisch und Meeresfrüchte, Vollkornerzeugnisse, Salz, Zucker sowie Getränke und Milcherzeugnisse. Im Einzelnen führt das Wissenschaftliche Gremium zusammenfassend aus:

 

  • – Pflanzliche Fette und Öle mit günstigen Nährstoffprofilen (insbesondere Olivenöl) könnten angesichts ihrer nachgewiesenen gesundheitsfördernden Wirkung als Gruppe im Algorithmus besser eingestuft werden. Eine derartige pauschale Änderung des Algorithmus könnte auch die Einstufung anderer Lebensmittelgruppen mit hohem Gehalt an günstigen Fettsäuren verbessern, die derzeit aufgrund ihrer Gesamtenergiedichte als weniger nahrhaft eingestuft werden, wie bspw. fetter Fisch.
  • – Fisch und Meeresfrüchte seien eine wichtige Quelle für essentielle Nahrungsbestandteile und werden mit einem verringerten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Dies komme durch die aktuelle Gesamteinstufung jedoch nicht zur Geltung, da der derzeitige Algorithmus die vorteilhaften Bestandteile von Fisch nicht ausreichend berücksichtige. Der Nutri-Score-Algorithmus könne daher verbessert werden, damit Verbraucher Fisch und Meeresfrüchte als gesunde Bestandteile ihrer Ernährung erkennen und die Nährstoffqualität verschiedener Fischsorten vergleichen können.
  • – Für Vollkornlebensmittel bestehe ebenfalls ein Änderungsbedarf des Algorithmus, um die Unterscheidung zwischen Vollkorn- und Weißmehlprodukten, insbesondere im Hinblick auf ihren Ballaststoffgehalt, zu verbessern. Hierzu wurden bereits verschiedene geänderte Versionen des Nutri-Score-Algorithmus entwickelt, die derzeit im Vergleich zum aktuellen Algorithmus getestet werden.
  • – Zu Salz führt das Wissenschaftlich Gremium aus, dass eine hohe Natriumaufnahme mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht werde. Da die derzeitige Bewertungsskala des Nutri-Scores Salzgehalte über 2 g pro 100 g Lebensmittel nicht abdecke und Salz – anders als Zucker und gesättigte Fette – keine Energie liefere und somit auch nicht in die Energiedichtekomponente des Nutri-Scores einfließe, können salzige Produkte im aktuellen Algorithmus nicht das gleiche Niveau erreichen wie fett- oder zuckerhaltige Lebensmittel. Es sei somit notwendig, den Algorithmus dahingehend zu ändern, dass Lebensmittel mit einem höheren Salzgehalt mehr ungünstige Punkte erhalten würden und somit zusammen mit Produkten mit dem höchsten Gehalt an Zucker und/oder gesättigten Fettsäuren eingestuft würden. Hierfür solle die Natriumkomponente in eine Salzkomponente umgewandelt und dabei die Dezimalstellen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 befolgt werden. Es wurden und werden noch verschiedene Szenarien für den Nutri-Score-Algorithmus entwickelt, um hierfür eine geeignete Lösung zu finden.
  • – Zucker wird in den Nutri-Score-Algorithmus aktuell als „positive“ Komponente aufgenommen, die zusammen mit gesättigten Fetten, Natrium und Energie zur Punktzahl beiträgt. Da die Energiedichte von Zucker jedoch geringer ist als die von Fetten, erreichen stark zuckerhaltige Produkte konstruktionsbedingt nicht die gleiche Einstufung im Nutri-Score wie Produkte mit einem hohen Anteil an gesättigten Fetten. Darüber hinaus zeichne sich ein wissenschaftlicher Konsens über die schädliche Wirkung spezifischer Zuckerformen ab und nicht von Zucker an sich, da Früchte durchweg eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben. Die Nährwertdeklaration, auf der der Nutri-Score basiert, gibt jedoch nur den Gesamtzuckergehalt an. Insgesamt kommt das Wissenschaftliche Gremium daher zu dem Ergebnis, dass der Nutri-Score-Algorithmus im Hinblick auf die Klassifizierung von zuckerhaltigen Produkten und/oder die Definition des Zuckeranteils weiter zu untersuchen sei und geeignete Szenarien zu entwerfen und zu testen seien. Allerdings weist das Wissenschaftliche Gremium darauf hin, dass die Einschränkungen, die insbesondere in Bezug auf die verfügbaren und für den Nutri-Score verwendbaren Informationen bestehen, die Einbeziehung von freiem, zugesetztem oder spezifischem Zucker in den Algorithmus möglicherweise nicht zulassen.
  • – Mit Blick auf gesüßte Getränke biete der aktuelle Algorithmus nur begrenzte Anreize für die Neuformulierung von gesüßten Getränken mit niedrigem oder sehr niedrigem Gehalt an zugesetztem Zucker und stattdessen vielmehr einen gewissen Anreiz für die Verwendung von künstlichen Süßungsmitteln, um das Ranking zu verbessern. Das Wissenschaftliche Gremium untersucht daher derzeit mögliche Änderungen des Algorithmus, die eine Unterscheidungskraft von gesüßten Getränken verbessern könnten, um Anreize für eine Umformulierung hin zu einem niedrigeren Zuckergehalt zu schaffen.
  • – Milchgetränke werden aktuell, wenn sie mehr als 80 % Milch enthalten, in die Kategorie der festen Lebensmittel eingestuft und sind somit von der Getränkekategorie ausgeschlossen. Das Wissenschaftliche Gremium untersucht nun Änderungen des Algorithmus, die Milch und Milchgetränke als Getränke klassifizieren würden, da dies zu einer besseren Unterscheidung zwischen Milchgetränken und insbesondere zuckergesüßten Milchgetränken führen könnte.
  • – Auch die Klassifizierung von Milcherzeugnissen insgesamt könne in einigen Bereichen verbessert werden. Der Nutri-Score lasse aktuell eine stärkere Differenzierung zwischen Gruppen von Milcherzeugnissen (z. B. Hartkäse vs. Milch) als innerhalb von Gruppen von Milcherzeugnissen (z. B. Milchsorten, Käsesorten) zu, so dass nur begrenzt zwischen fettarmen Milcherzeugnissen im Gegensatz zu fettreichen Milcherzeugnissen unterschieden werden könne.

 

Das Wissenschaftliche Gremium beabsichtigt nun, Mitte diesen Jahres eine vollständig überarbeitete Version des Nutri-Score-Algorithmus zu veröffentlichen. Dies könne je nach Fortschritt auch in separaten Dokumenten für feste Lebensmittel (einschließlich Käse, Fette und Öle) einerseits und Getränke andererseits erfolgen.

 

2. Aktualisierung der Benutzungsbedingungen des „Nutri-Score“-Logos

Gem. § 4a LMIDV müssen Lebensmittelunternehmer, die den Nutri-Score verwenden, die Bedingungen des Markeninhabers einhalten. Dies ist die Markensatzung der Santé publique France, der französischen Behörde für öffentliche Gesundheit. Die Santé publique France hat die Markensatzung in den vergangenen Jahren schon mehr als 20 Mal angepasst. Mit ihren jüngsten Anpassungen vom 31.01.2022 hat sie die Verwendung des Kommunikationslogos in der verkaufsfördernden Kommunikation ergänzt und zudem mit dem neuen Anhang 8 besondere Bedingungen für die Verwendung des Logos in Luxemburg eingeführt. Besondere Bedingungen für Deutschland gibt es bislang nicht.

Die aktuelle englische und französische Version der Benutzungsbedingungen sind über die Internetseite der Santé publique France abrufbar (hier klicken). Die aktuelle (nicht amtliche) deutsche Übersetzung der französischen Bedingungen ist über die Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erhältlich (hier klicken).

 

3. Aktueller Umfang der Nutzung des Nutri-Scores in Deutschland

Mit Stand vom 02.03.2022 sind laut dem BMEL aktuell 283 Unternehmen mit Sitz in Deutschland für die Verwendung des Nutri-Scores bei der Markeninhaberin Santé publique France registriert.

 

Haftungsausschluss: Obgleich dieser Informationsbrief sorgfältig erstellt wurde, kann keine Haftung für Fehler oder Auslassungen übernommen werden. Dieser Informationsbrief stellt keinen anwaltlichen Rechtsrat dar und ersetzt keine auf den Einzelfall bezogene anwaltliche Beratung. Hierfür stehen die Rechtsanwälte unseres Büros zur Verfügung.

Newsletter vom:

15.03.2022

 

Redaktion:

Katharina Ranke, LL.M.

Dr. Christine Konnertz-Häußler, LL.M.

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