Newsletter 2022/4 – ALTS-Beschlüsse der 88. Arbeitstagung

Der Arbeitskreis der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der Lebensmittel tierischer Herkunft tätigen Sachverständigen (ALTS) hat in seiner 88. Sitzung am 07.12.2021 sieben neue Beschlüsse gefasst.

 

Insbesondere weisen wir auf die folgenden beiden Beschlüsse hin:

 

 

2021/88/05: LMIV – Kennzeichnung von Zutaten mit einem Klassennamen und der Wendung „in veränderlichen Gewichtsanteilen“

 

Gemäß Art. 18 Abs. 4 in Verbindung mit Anhang VII Teil A Nr. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) können Obst, Gemüse oder Pilze, von denen keines nach seinem Gewichtsanteil deutlich dominiert und die mit potenziell veränderlichen Anteilen in einer Mischung als Zutat für ein Lebensmittel verwendet werden, im Zutatenverzeichnis unter der Bezeichnung „Obst“, „Gemüse“ oder „Pilze“ zusammengefasst werden. Dem hat die Wendung „in veränderlichen Gewichtsanteilen“ zu folgen. Unmittelbar danach sind die vorhandenen Obst-, Gemüse- oder Pilzsorten aufzuführen. Die Mischung wird unter Berücksichtigung der Gesamtheit der vorhandenen Obst-, Gemüse- und Pilzsorten in das Zutatenverzeichnis eingereiht. Ein Beispiel für ein solches Zutatenverzeichnis ist: „Zutaten: …., Obst in veränderlichen Gewichtsanteilen (Apfel, Ananas, Mango), ….

 

Diesbzgl. stellt sich die Frage, wann anzunehmen ist, dass keine Obst-, Gemüse- oder Pilzsorte in einer Mischung deutlich dominiert, damit von der Kennzeichnungserleichterung Gebrauch gemacht werden darf. In seinem Beschluss vertritt der ALTS die Ansicht, die Ausnahme greife, wenn die Abweichung des Sollgehalts für jede Zutat bei unter 10 % (absolut) liege. Der Sollgehalt stellt laut dem ALTS den gleichverteilten Anteil aller Bestandteile in der Mischung dar. Zum Beispiel würde der Sollgehalt demnach bei einer Mischung mit vier verschiedenen Obstsorten für jeden Bestandteil 25 % betragen. Nach Ansicht des ALTS darf im Falle von vier Obstsorten keine der verwendeten Sorten unter 15 % bzw. über 35 % des Produktes liegen.

 

 

2021/88/10: Bezeichnung von (Pflanzen)-Extrakten, die zu mehreren Zwecken bei der Herstellung von Lebensmitteln verwendet werden können

 

Pflanzenextrakte können für unterschiedliche Zwecke verwendet werden. Sie können in einem Lebensmittel z. B. als Zusatzstoffe im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008, Aromaextrakte/Gewürzextrakte, färbende Lebensmittel oder aus ernährungsphysiologischen Gründen eingesetzt werden.

 

Wie die Pflanzenextrakte zu bezeichnen sind, richtet sich nach Art. 17 LMIV. Danach wird ein Lebensmittel mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung bezeichnet. Liegt eine solche nicht vor, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, mit einer beschreibenden Bezeichnung bezeichnet. Eine „beschreibende Bezeichnung“ beschreibt das Lebensmittel und, falls erforderlich, seine Verwendung. Sie muss hinreichend genau sein, um es den Verbrauchern zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von anderen Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte (vgl. Art. 2 Abs. 2 Buchst. p) LMIV). Die Regelung in Art. 17 LMIV ist gem. Art. 18 Abs. 2 LMIV auch für die Bezeichnung von Zutaten maßgeblich.

 

Der ALTS hat nun beschlossen, dass bei Verwendung einer beschreibenden Bezeichnung neben der Extraktbezeichnung auch eine Beschreibung des Verwendungszwecks erforderlich ist, sofern die Verwendung eines Extraktes nicht nur auf einen Verwendungszweck beschränkt ist. Dadurch solle es dem Verbraucher ermöglicht werden, die tatsächliche Art des Extrakts zu erkennen, und eine Verwechslung mit anderen Extrakten soll unterbunden werden. Als Beispiel für die Erforderlichkeit einer Ergänzung des Verwendungszwecks nennt der ALTS Karottenextrakte, die sowohl als färbendes Lebensmittel als auch zu ernährungsphysiologischen Zwecken eingesetzt werden können. Der entsprechende Verwendungszweck sei in diesem Fall der Extraktbezeichnung hinzuzufügen.

 

Die Ansicht des ALTS ist insofern ein Novum, als für andere Zutaten eine Kenntlichmachung des Verwendungszwecks im Zutatenverzeichnis nicht erforderlich ist und die Zwecke für den Einsatz von Zutaten, die keine Extrakte sind, ebenfalls sehr unterschiedlich sein können. Eine Ausnahme bilden die Zusatzstoffe, für die die Angabe der Funktionsklasse ausdrücklich rechtlich vorgeschrieben ist.

 

Die Arbeitsgruppe „Fragen der Ernährung“ der Lebensmittelchemischen Gesellschaft hat bereits einen Leitfaden zur Beurteilung von Pflanzenextrakten in Lebensmitteln am Beispiel Sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe im Jahr 2005 veröffentlicht (Link). Dieser befasst sich unter anderem auch mit der Bezeichnung von Pflanzenextrakten in Lebensmitteln. Der Leitfaden wird derzeit überarbeitet.

 

Wir weisen darauf hin, dass derzeit alle bisher veröffentlichten Beschlüsse auf ihre Aktualität geprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden.

 

Die Beschlüsse sind abrufbar unter: hier klicken.

Haftungsausschluss: Obgleich dieser Informationsbrief sorgfältig erstellt wurde, kann keine Haftung für Fehler oder Auslassungen übernommen werden. Dieser Informationsbrief stellt keinen anwaltlichen Rechtsrat dar und ersetzt keine auf den Einzelfall bezogene anwaltliche Beratung. Hierfür stehen die Rechtsanwälte unseres Büros zur Verfügung.

Newsletter vom:

16.02.2022

 

Redaktion:

Dr. Christine Konnertz-Häußler, LL.M.

Anette Sage, LL.M.

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