Newsletter 2023/4 – Änderung des europäischen Zollkodex führt zu neuer Bestimmung des Ursprunges von Agrarprodukten
Mit der Delegierten Verordnung (EU) 2021/1934 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 wurde der Zollkodex der Europäischen Union in einer wesentlichen Frage geändert. Der Ursprung von Agrarprodukten bemisst sich nunmehr nicht mehr allein am Land oder Gebiet der Ernte, sondern auch am Land oder Gebiet des Anbaus.
Die Bestimmung des Ursprunges eines Agrarproduktes ist nicht nur zollrechtlich von Bedeutung, sondern ist auch für die Verwendung von geographischen Angaben allgemein von Relevanz bzw. auch für die Information über die Herkunft sogenannter primärer Zutaten bei Verarbeitungserzeugnissen, die mit einer geographischen Angabe beworben werden.
In Art. 60 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 sind die Vorschriften zur Bestimmung des nichtpräferenziellen Ursprungs von Waren festgelegt. Gemäß Art. 60 Abs. 1 der genannten Verordnung gelten Waren, die in einem einzigen Land oder Gebiet vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, als Ursprungswaren dieses Landes oder dieses Gebiets. Um klarzustellen, wie der nichtpräferenzielle Ursprung von pflanzlichen Erzeugnissen zu bestimmen ist, die als in einem einzigen Land oder Gebiet vollständig gewonnen oder hergestellt anzusehen sind, wurde nun Art. 31 Buchst. b) der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 dahingehend geändert, dass pflanzliche Erzeugnisse nicht nur in dem betreffenden Land oder Gebiet geerntet, sondern auch dort angebaut worden sein müssen, damit das Land oder Gebiet als Ursprungsland der Produkte gilt.
Die Änderung des Zollkodex ist auch eine Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu den sogenannten „Wanderchampignons“. Mit Urteil vom 4. September 2019 hatte der EuGH in der Rechtssache C‑686/17 entschieden, dass bei Kulturchampignons mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ das Ursprungsland das Ernteland ist, auch wenn die Rohsubstanzen für den Kompost in Belgien und den Niederlanden verschnitten und vermischt werden und nach weiteren Herstellungsschritten die Kulturkisten erst nach etwa 15 Tagen nach Deutschland transportiert werden, wo nach etwa ein bis fünf Tagen die erste Ernte und nach etwa zehn bis 15 Tagen die zweite Ernte der Champignons erfolgt.
Dabei wirft diese Änderung neue Fragen auf, beispielsweise die Frage, ob für die Begründung des Ursprungs z. B einer Tomate auch der Setzling für die Tomatenpflanze im Ursprungsland gezogen worden sein muss. Hierbei spricht alles für eine differenzierende Betrachtung, wonach es mit Blick auf die Tomate genügt, wenn die Tomatenpflanze im Ursprungsland aus dem Setzling gezogen wurde (= angebaut) und auch dort die infolge ausgebildete Tomatenfrucht geerntet wurde. Auf die Herkunft des Setzlings sollte es dann für die Ursprungsbestimmung der Tomate nicht mehr ankommen.
Haftungsausschluss: Obgleich dieser Informationsbrief sorgfältig erstellt wurde, kann keine Haftung für Fehler oder Auslassungen übernommen werden. Dieser Informationsbrief stellt keinen anwaltlichen Rechtsrat dar und ersetzt keine auf den Einzelfall bezogene anwaltliche Beratung. Hierfür stehen die Rechtsanwälte unseres Büros zur Verfügung.
Newsletter vom:
24.02.2023
Redaktion:
Prof. Dr. Markus Grube
Interessiert an einer Zusammenarbeit? Kontaktieren Sie uns jetzt!
Kontakt aufnehmenE-Mail
info@gpkh.eu
Telefon
+49 2261 54626-0